Gunnlaugs saga ormstungu

Titel auf Deutsch:
Entstehung:
Genre:

Die Saga von Gunnlaug Schlangenzunge

1270-1280

Skaldensaga


»Man soll nicht hinken, solange beide Beine gleich lang sind.«

Beginn der Saga (AM 157 h fol., "Sögubók" von Páll Sveinsson, 1600-1700, Seite 1 recto)
Beginn der Saga (AM 157 h fol., "Sögubók" von Páll Sveinsson, 1600-1700, Seite 1 recto)

Die Sage erzählt die Geschichte von Gunnlaug Schlangenzunge (ormstunga), der seinen Namen schon früh aufgrund der scharfen Spottverse erhielt, die er in seiner Tätigkeit als Skalde zum Besten gab. Wie für Skaldensagas typisch geht es um einen Skalden, der seine Liebe in Island zurücklässt und die europäischen Königshöfe (Skandinavien und Großbritannien) bereist.

Die Saga beginnt mit einem Mann namens Thorstein und dessen Traum. Darin wird ein Schwan von zwei Adlern umschwärmt, die sich gegenseitig töten. Kurz darauf wird ihm eine Tochter geboren, Helga, deren Schönheit bald auf ganz Island bekannt ist.
Andernorts lebt gleichzeitig der junge Gunnlaug, der mit 12 Jahren seinen Vater bittet, ihn für eine Reise auszustatten, da er fremde Länder kennenlernen möchte. Sein Vater verneint dies, woraufhin Gunnlaug sein Zuhause lässt und bei Thorstein unterkommt. Dort lernt er Helga kennen und die beiden freunden sich an.
Jahre später kehrt Gunnlaug mit seinem Vater zu Thorstein zurück, um sich mit Helga zu verloben. Thorstein ist darüber nicht sonderlich erbaut, weil er glaubt, es gäbe bessere Anwärter, doch als Gunnlaugs Vater mit dem Ende ihrer Freundschaft droht, geht Thorstein darauf ein. Er setzt eine Frist von drei Jahren – wenn Gunnlaug bis dahin nicht nach Island zurückgekehrt ist, ist Thorstein von seinem Versprechen und Helga erneut zum Heiraten frei.

"Ei skal haltr ganga" von Andreas Bloch Schelven Schroeter, 1898
"Ei skal haltr ganga" von Andreas Bloch Schelven Schroeter, 1898

Gunnlaug aber macht ein Schiff bereit und sucht unterschiedliche Fürstenhöfe Nordeuropas auf, wo er den Herrschern seine Skaldenstrophen aufsagt und durch seine Lobpreisungen großen Reichtum und deren Freundschaft erlangt.
Schließlich erreicht Gunnlaug den Hof des schwedischen Königs Ólaf und trifft dort auf einen zweiten Skalden, Hrafn. Die beiden geraten in Streit darüber, wer sein Gedicht zuerst aufsagen dürfe und wessen Strophen besser seien. Gunnlaug gewinnt den Wettstreit, da er eine Drápa, Hrafn aber nur eine Flokkr gedichtet hat. Darüber und weil Gunnlaug ihn vor dem König beleidigte gerät Hrafn in Zorn und gelobt Rache.
Hrafn kehrt nach Island zurück und bittet Thorstein dort um die Hand der schönen Helga. Thorstein zögert, da sie ja bereits Gunnlaug versprochen ist, lässt sich aber schließlich darauf ein, sie Hrafn zu überlassen, wenn Gunnlaug die Frist von drei Jahren verpasst.
So kommt es schließlich auch, da Gunnlaug beim König von England festsitzt, der ihn nicht gehen lassen möchte, solange er einen Angriff des Dänenheers fürchtet. Erst ein Jahr später lässt er Gunnlaug ziehen, doch er erreicht Island zu spät: Hrafn hat Helga inzwischen geheiratet.
Die junge Frau ist über die Ehe alles andere als glücklich, sie liebt Gunnlaug und als Hrafn ihr von einem Albtraum berichtet, in dem sie ihn sterben lässt, antwortet sie, sie würde seinen Tod nicht betrauern, da sie von Gunnlaugs Ankunft in Island wisse.
Bei der Festlichkeit einer anderen Hochzeit begegnen sich Gunnlaug und Helga und er gesteht ihr, welchen Zorn er gegenüber Hrafn und ihren Eltern verspürt, weil sie Helga in diese Ehe gezwungen haben. Bei der Abreise reitet er Hrafn beinahe um und verspricht ihm Rache.
Der richtige Zeitpunkt kommt zum Thing im Sommer: Gunnlaug fordert Hrafn zum Holmgang heraus, dieser nimmt an. Doch der Kampf endet unentschieden und ehe sie sich am nächsten Tag erneut treffen können, wird auf dem Thing das Verbot des Holmgangs beschlossen. Der Kampf zwischen Gunnlaug und Hrafn gilt als der letzte Holmgang auf Island.
Hrafn sucht Gunnlaug schließlich Zuhause auf und schlägt ihm fort, im nächsten Jahr nach Norwegen zu fahren, um dort den Holmgang fortzusetzen. Gunnlaug ist einverstanden. Nachdem sie sich ein Jahr später einige Male verpassen, begegnen sie sich schließlich bei Gleipnisvellir. Im Kampf schlägt Gunnlaug Hrafn das Bein ab und erklärt, er habe gewonnen, da der andere kampfunfähig sei. Hrafn bestätigt dies und bittet um etwas zu trinken. Gunnlaug ist bereit, es ihm zu bringen, sofern Hrafn ihn nicht hintergeht. Hrafn verspricht dies.
Doch als Gunnlaug ihm einen Becher Wasser bringt, greift Hrafn ihn an und verwundet ihn am Kopf. Es folgt ein weiterer erbitterter Kampf, in dem Gunnlaug Hrafn schließlich besiegt. Er selbst erliegt seinen Wunden drei Tage darauf.
Das Blutvergießen endet nicht damit. Gunnlaugs Vater fragt jenen Hrafns erzürnt, wie dieser gedenkt, den Tod seines Sohnes zu sühnen, doch dieser meint, der Tod Hrafns habe ihm genug Schmerz bereitet. Gunnlaugs Vater verspricht Rache gegen dessen Verwandte und greift im Herbst die Heimstätte an. Dabei tötet er einen aus der Familie und schlägt einem anderen den Fuß ab. Damit ist er befriedigt, doch Gunnlaugs Bruder, Hermund, sieht das anders. Er tötet außerdem einen Vetter Hrafns und erst jetzt betrachtet er die Sache als erledigt.
Helga heiratet unterdessen einen Mann namens Thorkell, der sie gut behandelt, den sie allerdings nie so liebt, wie sie Gunnlaug liebte. Sie bekamen viele Kinder, doch als eine Krankheit auf dem Hof wütete, erkrankte auch Helga und starb schließlich in den Armen ihres Mannes, nachdem sie einen letzten Blick auf ein kostbares Gewand geworfen hatte, das Gunnlaug ihr geschenkt hatte.

Schauplätze

Quelle: Icelandic Saga Map
Quelle: Icelandic Saga Map

Weiteres

Die Saga gehört zu den Skaldensagas – also jenen Sagas in deren Zentrum ein Skalde steht. Man könnte sie als biographisch bezeichnen, auch wenn nicht geklärt ist, inwiefern die Saga authentisch ist oder das Leben Gunnlaugs ausschmückt. Von letzterem kann aber vermutlich ausgegangen werden. Nichtsdestotrotz existierte Gunnlaug Schlangenzunge, die Saga beruht also auf einer historischen Gestalt.
In dem Text kommen einige Skaldenstrophen vor. Auch hier ist allerdings nicht klar, ob diese Strophen tatsächlich dem historischen Gunnlaug zugeordnet werden können oder nicht. Auffallend ist, dass eine der Strophen in gleicher Form in einer anderen Saga, nämlich der Saga von Kormák Ögmundarson, zitiert und dabei diesem Skalden zugeschrieben wird.

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